„Architektur wird als Schweizer Spezialität wahrgenommen“

Interview mit Andreas Ruby, Direktor des schweizerischen Architekturmuseums

Andreas Ruby, Direktor des SAM

Andreas Ruby, Direktor des SAMThomas Kierok

Ähnlich wie das Prädikat „Made in Germany“ steht auch „Made in Switzerland“ für Qualität und Anspruch – das gilt insbesondere in der Architektur. Schweizer Architekten wie Herzog & de Meuron, Peter Zumthor und Mario Botta haben es mit ihren Bauten zu internationalem Welterfolg gebracht, aber auch junge Büros streben über die Landesgrenzen hinaus. Ihnen und ihren Auslandsprojekten widmete das Schweizerische Architekturmuseum S AM im letzten Jahr eine große Ausstellung. Wir haben den Direktor des S AM, Andreas Ruby, nach dem Erfolgsrezept der Schweizer gefragt.


NAXNAX Netzwerk Architekturexport: Herr Ruby, was begeistert Bauherrn im Ausland Ihrer Meinung nach an Schweizer Architekten und ihren Bauten?

Ruby: Architektur wird einfach als Schweizer Spezialität wahrgenommen. Unsere Architekten werden weltweit für ihre klare Formsprache und konstruktive Qualität geschätzt. In den 90er Jahren prägte vor allem der Minimalismus die Schweizerische Baukultur – und genau das wollte man auch im Ausland haben. Mittlerweile hat aber auch bei den Architekten ein Generationswechsel eingesetzt. Minimalismus ist nicht mehr der alleinige, dominierende Stil; unsere Architektur ist deutlich diverser geworden. Architektur ist heute weniger ein vordefiniertes Exportprodukt, das im Ausland genauso reproduziert wird. Stattdessen schätzen Bauherren eher die Fähigkeit Schweizer Architekten, ihre planerische Expertise auf die lokalen Gegebenheiten und Anforderungen anzuwenden.


NAX: In Deutschland diskutieren Politiker, Architekten und Ingenieure immer wieder über eine Exportstrategie für die Baubranche. Hierzulande ist man der Auffassung, dass sich die Beteiligten der Wertschöpfungskette Bau stärker zu Konsortien zusammenschließen müssen, um bei Großprojekten im Ausland eine Chance gegen die oftmals viel größeren Firmen aus den USA oder China zu haben. Ist das ebenfalls ein Thema in der Schweiz oder gibt es eine solche Strategie bereits?

Ruby: Meines Wissens nach arbeiten die hiesigen Architekten eher allein im Ausland statt in Konsortien. Es sind vor allem die größeren Büros mit bekannten Namen, die die Landesgrenzen überschreiten. Für Schweizer Architekten ist es aufgrund der geringeren Honorare oft nicht so lukrativ im Ausland zu bauen. Jüngere Büros, die sich um nicht-schweizerische Projekte bewerben, tun dies eher aus Experimentierfreude und dem Wunsch, die eigene Wirkungssphäre zu erweitern.


NAX: In Ihrer Ausstellung ging es auch um den Einfluss der Auslandserfahrungen auf nationale Projekte. Hat der Welterfolg Schweizer Architekten die heimische Baukultur verändert?

Ruby: Absolut! Zum einen bringen Architekten einen gewissen Sinn für größere Maßstäbe und alternative Planungs- und Konstruktionsformen mit nach Hause, den sie dann auf inländische Projekte übertragen. Durch die Arbeit im Ausland erhalten Architekten außerdem einen neuen Blick auf die eigene Kultur und dies wiederum verändert ihre Einstellung zum Bauen im Inland.

_________________________________________________________________________________

Besuchen Sie noch bis 24.06.2018 die aktuelle Ausstellung im Schweizerischen Architekturmuseum:

„Bengal Stream. Die vibrierende Architekturszene von Bangladesch“

Die weltweit erste Ausstellung dieser Art versammelt über 60 Projekte von etablierten und aufstrebenden Architekturschaffenden in Bangladesch. Der Fokus liegt dabei auf dem lokalen Protagonisten Muzharul Islam und dessen Studenten und Weggefährten. Für die Dokumentation der Projekte konnte einer der international bedeutendsten Architekturfotografen, Iwan Baan, gewonnen werden.

Seitenanfang